'Der königliche Kaufmann' |
Adolph Woermann (1847-1911) |
1860 übernahm Adolph von seinem Vater Carl Woermann ein florierendes Handelshaus mit einer Afrikaflotte. Die Hamburger Firma war mit Palmölexporten aus Liberia mit der Hamburger Partnerfirma Carl Goedelt reich geworden. Zwei Jahre später gründete Adolph Woermann eine erste Faktorei an der Kamerunküste. Andere Hamburger Kaufleute, wie Woermanns damalige Partner Jantzen & Thormälen, zogen nach. Der Handel mit Palmöl, Kautschuk, Elfenbein, Kakao und Baumwolle war ein lukratives Geschäft. |
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Doch es gab auch Probleme: die Handelskonkurrenz der anderen europäischen Mächte wuchs, und das afrikanische Zwischenhandelsmonopol ins Landesinnere war den hanseatischen Händlern ein Dorn im Auge. Die zunehmende Dynamik des Handels führte zu örtlichen Spannungen und antikolonialen Aufständen, die für die Kaufleute nicht leicht kontrollierbar waren. |
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Adolph Woermann, einflurreicher Präses der Handelskammer Hamburg , Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und Reichstagsabgeordneter in Berlin, versuchte, den zunächst zögernden Bismarck zu überreden, aus Kamerun eine deutsche Kolonie zu machen. Damit erhoffte er, die eigenen Pfründe durch militärische Präsenz zu sichern. In wiederholten 'Flottenpetitionen' verlangten er und weitere Hanseaten Kriegsmarine und Truppenschutz vor Ort. Häufig besuchte der Lobbyist Woermann den Reichskanzler in dessen Schloss im Sachsenwald. Bismarck gab schließlich nach - auch, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. |
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Deutschland bot sich in der Folge in Kamerun als 'Schutzmacht' gegen die französische und britische Handelsinteressen an. Mit betrügerischen 'Schutzverträgen' brachten die neuen Herren die unter Druck geratenen afrikanischen Herrscher dazu, ihr Land abzutreten. Die deutsche Flagge wurde gehisst, Kamerun kurzerhand zur Kolonie erklärt und Aufstände brutal niedergeschlagen. |
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Adolph Woermann gilt als Inbegriff eines rücksichtslosen Kolonialkaufmanns. Die Firma machte 1890 von sich reden, als sie mit dem Hamburger Handelshaus Woelber & Brohm Versklavte von Togo zum Eisenbahnbau nach dem Kongo transportierte. Mit Privatarmeen gingen die Kaufmänner gegen die rebellierende afrikanische Bevölkerung vor, ließen Dörfer plündern, niederbrennen und die Enteigneten in Reservate und zur Zwangsarbeit treiben. Die schlechte Behandlung der Arbeiter führte zu hohen Todesraten. |
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Woermann besaß Großplantagen in den Kolonien und wurde reich am Handel mit Rohstoffen wie Palmöl und Kautschuk und mit Beteiligungen an Minen. Einen doppelten Nutzen brachten die Kriegszüge, weil sie einerseits den Kaufleuten die Chance boten, ihren Handel ins Landesinnere auszuweiten, andererseits sicherten sie den Nachschub von Arbeitskräften: so wurden an Ketten gelegte Kriegsgefangene zum Straßen- und Eisenbahnbau getrieben. Und schließlich gehörte Woermann zu den großen Gewinnlern in Zeiten des Herero-Nama-Krieges 1904-1907, denn er hatte sich das Militärtransportmonopol nach Südwestafrika gesichert und konnte so überhöhte Frachtkosten verlangen. Nach dem Krieg richtete Woermann für die zurückkehrenden Herero und Nama halbprivate Konzentrationslager ein, aus denen er Zwangsarbeiter bezog. |
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Fatale Wirkungen zeigten Woermanns Schnapseinfuhren in die Kolonien, die bei Beginn 70 % aller Exportgüter ausmachten. Erst mit Branntwein, der schnell zum Zahlungsmittel avancierte, war es überhaupt gelungen, im Küstenhandel Fuß zu fassen, wie Adolph Woermann selbst im Reichstag vortrug. In der Folge hatte er 1884 schon 24 Faktoreien an der westafrikanischen Küste gegründet. |
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Kritik an den Branntweinexporten kam von Missionaren, die die verheerende Alkoholsucht weiter Teile der afrikanischen Bevölkerung anprangerten. Im Staatsdienst angestellte Togolesenn und Kameruner wurden mit Branntwein bezahlt, bei Gericht war es üblich, Strafen mit Schnaps abzugelten. Auf den Schiffen und Plantagen Woermanns wurde ein Teil des Lohns in Branntwein ausgezahlt. |
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- Selbst Gustav Nachtigal, der als Reichskommissar in Westafrika 1884 Togo annektierte, griff die Kaufmannschaft an: "Was soll ich aber an dieser Westküste...? Die Hamburger Schnapsinteressen stärken? Damit ist wenig Ehre zu holen." Und der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete August Bebel kritisierte: "Die Besitzer des Feuerwassers benutzen das als Lockmittel, sie (die AfrikanerInnen) dazu zu bringen, für sie zu arbeiten, sich an sie zu verkaufen und in jeder Weise sich von ihnen ausbeuten zu lassen." Bebels Rede im Reichstag Adolph Woermann konterte zynisch: "... Im
- übrigen glaube ich nicht, dass den Negern durch den Schnaps ein sehr großer Schaden zugefügt wird. Ich meine, dass es da, wo man Zivilisation schaffen will, hier und da eines scharfen Reizmittels bedarf..."
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Die Alkoholeinfuhren nach Afrika wurden trotz der Kritik staatlich subventioniert und konnten unkontrolliert passieren. In und um Hamburg existierten zahlreiche Schnapsbrennereien ( u.a. Harder & de Voss, Heinrich Helbing, J.F. Nagel), und selbst Bismarck besaß solcher vier. Der Billigfusel, bestehend aus verwässertem Rohspiritus mit einigen Zugaben und bunten Etiketten, wurde in Hamburg spottend 'N*****tod' benannt. |
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Woermann war fast an allen wichtigen Überseeunternehmen, Banken, Kupferminen, Schiffs- und Eisenbahngesellschaften beteiligt. In zahlreichen Gremien und Aufsichtsräten konnte er seinen großen Einfluß auf die Kolonial- und Außenpolitik geltend machen. |
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1905 unterhielten 23 europäische Firmen über 200 Faktoreien in Kamerun. Woermann gehörten 30 davon. In Kamerun brachte der Kolonialismus traditionelle einheimische Handelszweige zum Erliegen. In Hamburg und Harburg entstanden Fabriken zur Verarbeitung der neuen Rohstoffe Palmöl und Kautschuk, und die gesamte Hafenstruktur veränderte sich mit der Einfuhr der Kolonialwaren. |
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In den Kämpfen des Ersten Weltkrieges verlor die Firma fast alle ihrer damals 43 Schiffe. Doch schon 1920 expedierte die Woermann-Linie wieder 14 Dampfer auf 13 verschiedenen Linien von Hamburg nach der Westküste Afrikas in Kooperation mit der Hamburg-Amerika-Linie, dem Afrika-Dienst und der Hamburg-Bremer-Afrika-Linie regelmäßig monatlich |
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Die Nachfolgefirma Deutsche Afrika-Linien profitierte vom NS-Regime, den engen Verflechtungen mit dem Afrika-Verein und den guten Geschäften mit der rassistischen Regierung in Südafrika. Noch in den 1970er Jahren exportierte sie in alter Manier Alkoholdestillen nach Ostafrika. Das Unternehmen, das heute seinen Sitz an der Palmaille in Hamburg-Altona hat, macht auf ihrer Webseite mit der Firmentradition sogar Werbung: "Schiffahrt hat viel zu tun mit Erfahrung und guten Verbindungen... Die Geschichte der Deutsche Afrika-Linien geht zurück ins 19. Jahrhundert, als es von Deutschland aus den ersten Linienverkehr nach West-, Ost- und Südafrika gab. Das Personal und die Reisenden wussten die Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Schnelligkeit zu schätzen, mit der sie nach Afrika fahren konnten." |
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Die Herero fordern Wiedergutmachung für den Völkermord, der vor 100 Jahren begangen wurde. Nicht nur die Bundesregierung wurde verklagt, sondern auch die Deutsche Bank und die Reederei Deutsche Afrika-Linien als Rechtsnachfolgerin der Woermann-Linie. Der internationale Gerichtshof in den Haag wies jedoch die Klage ab. |
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Blohm & Voss |
Die Hamburger Werft wurde 1877 gegründet und avancierte zur größten Kriegswerft der Kaiserzeit. Für Kaiser Wilhelm II baute die Werft eine militärische Seeflotte, die größer sein sollte, als diejenige Englands. Je mehr die Hamburger Überseeunternehmen ihre Geschäfte ausdehnten, desto mehr drängten sie nach militärischer Unterstützung. Den 'Flaggenhissungen' in den Kolonien wurde mit der bedrohenden Kulisse der Kriegsmarine Ausdruck verliehen (Kanonenbootspolitik). "Immer wieder konnte ... die Wahrnehmung gemacht werden, dass das Zeigen der deutschen Flagge, das Erscheinen unserer Kriegsschiffe an der Küste auf die Eingeborenen großen Eindruck machte, und - als Kuriosum sei es erwähnt - hatten die Schiffe recht viele und dicke Schornsteine, dann war gleich leichteres Arbeiten mit den schwarzen Krausköpfen festzustellen." (Graudenz/Schindler: Die Deutschen Kolonien, 1994, S. 288) |
G.L. Gaiser |
Die Firma war hauptsächlich als Palmkernimporteur tätig. Aus den Kernen wurde nach der 'Gaiser-Methode' Palmöl gewonnen, das vielseitig verwendbar war als Schmiermittel für Maschinen, in der Lebensmittelindustrie und Kosmetikbranche. |
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Mit der Palmölverarbeitung wurden auch die Harburger Firmenkonkurrenten Heins & Asbeck, Escherich & Co., C.F. Meyer, Noblée und Thörl und Witt & Büsch reich. In Harburg entstand eine ganze Industrielandschaft: neben Fabriken für Gummiwaren aus Kautschuk auch Ölmühlen. So entwickelte sich Harburg Anfang des 20. Jahrhudnerts zum größten europäischen Zentrum zur Verarbeitung dieser zwei Kolonialrohstoffe. |
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Gottlieb Leonhard Gaiser baute die Ölfabrik Gaiser & Co. in Harburg und die Einkaufsgesellschaft G.L. Gaiser in Hamburg auf, um die Zollbestimmungen optimal zu nutzen. In Westafrika kaufte das Unternehmen Niederlassungen unter dem Namen Gaiser & Witt und gründete in Kamerun die Hamburg-Afrika-Gesellschaft. So wurde Gaiser zum größten Importeur für Palmprodukte. |
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Die direkte Verarbeitung von Palmkernen in Harburg führte zum Kollaps der afrikanischen Produktion und degradierte die AfrikanerInnen zu Lieferanten billiger Rohstoffe. Die unterworfenen "Stämme mussten laufend Strafarbeiter stellen, um die Entschädigungsansprüche der Firmen zu erfüllen; sie betrachten das als eine Art Sklaverei nach portugiesischem Muster." (Gouverneur Puttkamer) 1904/05 kam es zu zahlreichen Aufständen in der Bevölkerung, bei denen auch die Faktoreien der Hamburg-Afrika-Gesellschaft in Flammen aufgingen. Zwei Jahre brauchte die 'Schutztruppe', um die Rebellionen niederzuschlagen. Die Firma Noblée und Thörl existiert unter diesem Namen bis heute. |