Postcolonial Studies: eine Notwendigkeit für

Geschichte, Gegenwart und Zukunft

"Postkolonialität 'ist in erster Linie kein chronologischer Epochenbegriff, der die Zeit nach der formellen politischen Unabhängigkeit von der westlichen Kolonialmacht markiert, sondern eine politisch motivierte Analysekategorie der historischen, politischen, kulturellen und diskursiven Aspekte des unabgeschlossenen Kolonialdiskurses.' (Kien Nghi Ha). Sie umfasst nach dieser Lesart 'einen Ort der politischen Verortung. Dieser Ort ist in das Gedächtnis und das Vermächtnis einer kolonialen Vergangenheit und seiner gegenwärtigen Ausformungen sowie Wirkungsweisen eingewoben.' (Gutierrez Rodriguez)"1

Die Notwendigkeit, sich mit dem Thema Kolonialismus zu befassen, "begründet sich unter anderem darin, dass in einer Welt zunehmender Wechselwirkungen die Nachkommen der Opfer und der Täter auf die eine oder andere Art zum Zusammenleben aufgerufen werden."

(H.-L. Seukwa)

In 2004 wurde in Namibia und hierzulande in verschiedenen Städten der grausamen Niederschlagung des Herero-Nama-Aufstandes vor hundert Jahren und dem darauf gefolgten Völkermord, verübt von den deutschen Kolonialherren, mit verschiedenen Kulturaktionen erinnert. 2005 fanden die Veranstaltungen im Zeichen des 100-jährigen Gedenkens an den Maji-Maji-Krieg in der damaligen Kolonie 'Deutsch-Ostafrika' (heute Tanzania) statt. (Das Hamburger Programm unter www.hamburg-postkolonial.de)

In den afrikanischen Gesellschaften wird heute die Bedeutung des Kolonialismus für den Aufbau eines modernen Staatswesens durchaus pro und contra diskutiert. Die koloniale Herrschaftsgeschichte, deren Folgen im Nord-Süd-Dialog nachwirken, ist kaum im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung.

HistorikerInnen sprechen heute von einer 'gesamteuropäischen Verantwortung' gegenüber den damals kolonisierten Länder. Nach Expertenmeinung sind etwa die Unruhen der Jugendlichen in den Pariser Vortstädten nicht zuletzt zurückzuführen auf die kollektiv verdrängte, nicht verarbeitete französische Kolonialgeschichte.

Die bei uns nun begonnene Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte gilt es fortzusetzen, denn sie ist dringend notwendig: der ehemalige Bundestagspräsident Thierse machte 2004 darauf aufmerksam, dass fünfzehn Prozent der Deutschen meinten, die Weissen würden zu Recht in der Welt führend sein. Ebenfalls fünfzehn Prozent glaubten, dass es gesellschaftliche Gruppen gäbe, die minderwertig seien. Diese Prozentzahlen sind tendenziell von Jahr zu Jahr steigend. www.sueddeutsche.de/,polm1/deutschland/artikel/354/66288/

Bis heute wirken 'Traditionsverbände', die den 'Kolonialgedanken' wachhalten, ritualisierte Treffen an kolonialen 'Weihestätten' organisieren und Nachwuchs rekrutieren.

Im Zuge einer intensiven Aufarbeitung der Nazizeit in Deutschland, aber auch der jüngeren Postcolonial Studies sehen wir heute klarer die historisch tiefer liegenden Sedimente der Kolonialgeschichte und sind somit in der Lage, uns mit diesen im Sinne einer zeitgemäß-kritischen Geschichtsforschung auseinanderzusetzen. Lernorte sind für die kritische Verarbeitung der Kolonialgeschichte notwendig, Kunst und Kultur können hierfür Transmitter sein.

1) Seminar Postkoloniale Kritik, Vortragsreihe der NGBK Berlin

www.klassesieverding.de/vortraegeNGBK.html

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