Hansing & Co.

Während die meisten Hamburger Afrikahändler ihren Einflussbereich in Westafrika ausbauten, zog Hansing & Co. neben der Firma O‘Swald nach Sansibar und konzentrierte den gesamten Handel auf Ostafrika.
Den Städten Hamburg und Lübeck gelang es geimensam, einen 'Freundschaftsvertrag' mit Sayyid Barghash bin Said Al-Busaid, dem Sultan von Sansibar, abzuschließen, der den Erwerb von Grundbesitz und Handelsfreiheit erlaubte.

Gewürznelken, Ebenholz, Elfenbein und Kopal u.a. wurden nach Hamburg importiert. 30 % aller nach Sansibar ausgeführten Waren wickelten die Hamburger Häuser ab.
Mit lokalen Geschäftspartnern, die von Sklavenarbeit profitierten, hatten die Hamburger Kaufleute keine Berührungsängste. Hansing selbst besaß eine Nelkenplantage, auf der Versklavte arbeiten mussten.

Die private Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft mit Carl Peters an der Spitze missbrauchte vielfach das Vertrauen des Sultans (Peters: "Ja, wir wurden von Mal zu Mal frecher"), indem sie auf dem Festland die Flagge des Sultans abhängte und eigenmächtig 'Schutzgebiete' an sich riss. Der Sultan beschwerte sich bei Bismarck, doch der Reichskanzler reagierte prompt mit der Entsendung von Kriegsschiffen gegen den sansibarischen Herrscher, der sich schließlich kampflos ergab.

Nicht alle ostafrikanischen Könige, die mit betrügerischen 'Schutzverträgen' enteignet worden waren, zeigten so viel Nachgiebigkeit. Die heftigen Aufstände im Landesinnern und an der Küste des neuen 'Protektorats Deutsch-Ostafrika' wurden von Hermann von Wißmann blutig niedergeschlagen. Die 'Wißmann-Truppe' bekämpfte die lokale Bevölkerung, die gegen Wegnahme von Land und Vieh sowie gegen Zwangsarbeit rebellierte. Fünf Jahre später gaben die Deutschen den Engländern Sansibar und Küstengebiete und bekamen dafür Helgoland (Helgoland-Sansibar-Vertrag) und den 'Caprivi-Zipfel' (2013 in Sambesi umbenannt) in Namibia .

Der Kaufmann Justus Strandes, der fast zehn Jahre für Hansing & Co. auf Sansibar arbeitete, dann eine Niederlassung in Indien eröffnete und später Senator in Hamburg wurde, schrieb seine Memoiren, die erst neulich von seinem Enkel entdeckt und veröffentlicht wurden (s. unter 'Quellen' ganz unten auf der Seite 4, global

players). Strandes ging hart ins Gericht mit seinen Landsleuten. Viele seien 'zu Hause gescheiterte' Existenzen gewesen. Er kritisierte Carls Peters' rabiate Methoden der Landenteignung und dessen Ratschlag an Afrika-Reisende, "rechts und links alles niederzuschießen", wenn nötig.

Der Elfenbeinhändler Abushiri Bin Salim rief 1888 zum Krieg gegen die Deutschen auf. Der Beobachter Strandes schreibt, dass die Reichsregierung in Berlin den sog. 'Araberaufstand' als Rebellion von Sklavenhändlern hochstilisiert habe. Er nennt den wahren Grund des Unmuts: deutsche Willkürherrschaft. Carl Peters selbst hat die Situation in Ostafrika ähnlich kommentiert.

Weil die NS-Ideologen Carl Peters zum Helden erklärten, durfte der Strandes-Sohn Günther die Memoiren nicht veröffentlichen. Erst 2004 sind diese nun neu vom Enkel herausgegeben worden.

Jantzen & Thormälen

Wie Adolph Woermann konzentrierte sich auch die Hamburger Partnerfirma Jantzen & Thormählen ihre Aktivitäten vor allem auf Kamerun. Am Kamerunberg entstand mit verschiedenen Firmenfusionen das größte Plantagengebiet Westafrikas mit 90.000 Hektar für Kakao, Kaffee, später Kautschuk, Ölpalmen und Bananen. Die lokalen Kleinbauern wurden enteignet, Dörfer niedergebrannt und die Menschen in kleine Reservate verjagt.

Johannes Thormälen: "Ich halte es für gänzlich ausgeschlossen, dass Kamerun jemals durch die Tätigkeit der Eingeborenen selbst erschlossen werden könnten... Erstens ist der Neger ... viel zu unselbständig, um in vernünftiger Weise einen rationellen Pflanzungsbetrieb leiten zu können. Zweitens aber ist gerade der Kamerunneger ... viel zu arbeitsscheu, als daß er sich die Last eines Plantagenbaus aufbürden würde... Doch kann und muss der Neger auf indirektem Wege zur Arbeit gezwungen werden... Der heute noch in kindlicher Albernheit und blödem Stumpfsinn dahin dämmernde Neger wird durch nichts dem civilisierten Menschen näher gebracht werden können, als durch ernste Arbeit." (Jos. Thormälen, in: Deutsche Kolonialzeitung 1902, in: Möhle)

Die Bevölkerung reagierte mit Widerstand und Wegbleiben, und die kaiserliche 'Schutztruppe' war hauptsächlich damit beschäftigt, nach Arbeitskräften zu jagen, wobei Kinder besonders begehrt waren. Die Arbeitsbedingungen waren äusserst schlecht: Mangelhafte Ernährung, Schläge mit der Peitsche und Arbeitstage bis 18 Stunden waren an der Tagesordnung.

 

Reederei Laeisz und Afrikanische Frucht-Compagnie

Ferdinand Laeisz war anfangs Hutfabrikant und exportierte nach Südamerika. Das Geschäft florierte, und sieben Jahre später besaß er schon einige Segelschiffe und eine Niederlassung in Chile, Peru, Ecuador und den Philippinen. Es folgten Salpeterimporte nach Hamburg. Insgesamt hatte die Firma 84 Segelschiffe und später 90 Dampf- und Motorschiffe.

Der Firmenpartner Paul Ganssauge gründete 1912 unter gleichem Dach im Laeiszhof an der Trostbrücke die Afrikanische Frucht-Compagnie (A.F.C.), die große Bananenplantagen am Kamerunberg besaß und die 'deutsche Kamerun-Banane' mit zwei Dampfschiffen, ausgerüstet mit Kühlanlagen, nach Hamburg brachte. Der Erste Weltkrieg unterbrach die Importe, und der Bananendampfer 'Pungo' wurde zum Hilfskreuzer 'Möwe' umgerüstet und in Kampfhandlungen in Ostafrika eingesetzt.

1925 erlaubte England den Deutschen den Rückkauf der enteigneten Bananenplantagen in der Größenordnung von insgesamt etwa 100.000 Hektar. 1929 begann der Bau einer eigenen Bananenflotte, 1930 wurden die A.F.C., die Reederei und die ebenfalls firmeneigene Westafrikanische Pflanzungsgesellschaft 'Bibundi' WAPB in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1939 etwa importierte das Unternehmen 3,6 Millionen Büschel Bananen, etwa 35 Prozent wurden mit den Schiffen der A.F.C. aus Kamerun transportiert. 1940 unterbrach der Weltkrieg das einträgliche Geschäft.

Willi Ganssauge, der Sohn, unterstützte in der NS-Zeit kolonialinteressierte Ämter und Schaltstellen in Hamburg, die versuchten, den Zugang zu wichtigen kolonialen Rohstoffe zu sichern. Nach der Okkupation Frankreichs hatte Ganssauge schon die Einverleibung der französischen Firmen in Kamerun vor Augen.

Im 'Polengeschäft' wiederum interessierte ihn nicht nur der erweiterte Markt, sondern auch die Möglichkeit, als 'Kreisgroßhändler' die Ernte nach Deutschland zu bringen. Bauern, die nicht abliefern wollten, wurden erschossen. Ab 1945 baute Willi Ganssauge die zerbombte Firma in Hamburg und die überseeischen Pflanzungen wieder auf.

Eine beschönigende Firmengeschichte findet sich heute auf der Website der Afrikanischen Frucht-Compagnie: "Solide, faire und ehrliche Beziehungen sowohl zum Handel als auch zu den Erzeugern entstanden" ab den 1920er Jahren.

 

H.C. Meyer

Heinrich Christian Meyer ('Stockmeyer') gründete 1818 eine Fabrik zur Produktion von elfenbeinverzierten Spazierstöcken, Billardkugeln, Buchdeckeln u.a. Unter seinem Sohn Heinrich Adolph Meyer und dem Schwiegersohn Heinrich Traun avancierte die Firma zum führenden Verarbeiter von Kautschuk und Elfenbein. 1859 öffnete die 'Harburger Gummi-Kamm-Compagnie' seine Toren zur Herstellung von Hartgummiprodukten.

Die Elfenbeinprodukte waren so gefragt, dass 1864 eine eigene Firma 'Heinr. Ad. Meyer' ('Elfenbein-Meyer') mit einer Faktorei auf Sansibar gegründet wurde. Die Einfuhrmengen und Preise für Kautschuk stiegen stetig zwischen 1840 und 1890. Ab 1902 begann in Deutschland die Autoreifenherstellung, und Konkurrenten wie die Firma 'Harburg-Wien' (Phoenix-Werke) siedelten ebenfalls in Harburg an.

In Afrika und Asien hatten diese Firmenexpansionen gravierende Folgen für Mensch und Tier. Lange Karawanen wurden ins Landesinnere, in die Savannen und Urwälder geschickt; bis zu 65.000 Elefanten wurden jährlich in Afrika abgeschlachtet, und so nahmen die Bestände dramatisch ab. Als sich 1888 die lokale Bevölkerung gegen das Vordringen der 'Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft' (DOAG) unter Carl Peters erhob, war es die Firma Heinr. Ad. Meyer, die ausdrücklich um eine militärische Offensive aus Deutschland bat. Die 'Wißmann-Truppe' und die Marine schlugen schließlich den sog. 'Araber-Aufstand' nieder. H.C. Meyer besitzt heute nur noch ein kleines Fabrikgelände in der Nartenstraße in Harburg.

Emile Nölting & Co.

Emile Nölting ging ab 1829 in Hamburg in die Lehre bei der Firma Joh. Dan. Schirmer, der Schiffe zu den westindischen Inseln makelte. Mit 24 Jahren segelte Nölting 1836 nach Haiti, wo er eine Stellung fand. Durch Heirat mit der Tochter des Plantangenbesitzers Richeux kam er zu Geld und gründete mit den Hamburgern Reimers und Münchmeyer eine eigene Firma mit Niederlassungen in Kap Haiti und auf der dänisch-karibischen Zuckerplantageninsel St. Thomas.

In Hamburg wurde das Unternehmen Emile Nölting & Co. gegründet. Es wurden Kolonialwaren wie Kaffee, Zucker, Baumwolle, Sisal und Tabak, die auf den dänischen Plantagen von Versklavten erzeugt wurden, nach Hamburg importiert. Die Sklaverei, von der auch Nöltings Unternehmungen profitierten, wurde in den dänischen Kolonien zwar 1792 abgeschafft, existierte aber effektiv bis mindestens 1848.

Eisenwaren, Hüte (G.L. Gaiser), bedruckte Baumwollstoffe, Bier und Genever wurden nach Haiti exportiert, wofür fünf eigene Segelschiffe im Einsatz waren. Die guten Beziehungen zum haitianischen Diktator Kaiser Faustin I erwiesen sich dabei für Nölting als nützlich.

1856 kehrte der vermögende Kaufmann zurück nach Hamburg. Nölting flogen nun diverse Posten zu, die für das eigene Geschäft förderlich waren; er wurde Handelsrichter, als Resident von Kopenhagen Konsul von Haiti, später Generalkonsul von Haiti. Auch als Brauerei-Gründer, Mitbegründer und Aufsichtsratsvorsitzender der im Kolonialgeschäft tätigen 'Commerz- und Discontobank in Hamburg' (später Commerzbank), Gründer der 'London und Hanseatic Banc', Mitiniator des Hamburger Freihafens u.v.m. stieg er auf. Als Nölting 1899 starb, hinterließ er seinen Erben acht Millionen Mark, diverse Herrensitze und Firmenbeteiligungen.

O'Swald

William O'Swald gründete eine Faktorei in Lagos, Nigeria, um mit Palmöl zu handeln und eine zweite auf Sansibar, wo das damalige Zahlungsmittel Kaurismuschel in großen Mengen vorhanden war. Als in Nigeria die Konkurrenz im Palmölgeschäft wuchs und lokale Unruhen auftraten, beschloß O'Swald, sein Geschäft ganz nach Ostafrika zu verlagern und verkaufte seine Niederlassungen in Lagos an Gaiser & Witt.

1859 wurde der Firmenrepräsentant nach Verhandlungen mit dem Sultan Sayyid Said zum hanseatischen Konsul auf Sansibar ernannt, während Percy O'Swald zum Generalkonsul Sansibars in Hamburg avancierte. Solch geschäftsfördernden Verflechtungen fanden schnell Nachahmer, so dass bald die diplomatischen Vertretungen der Hansestädte in Afrika durchweg mit Mitarbeitern der Handelshäuser besetzt wurden und werden - bis heute.

Ein Kai am Hamburger Hafen ist nach O'Swald benannt, ebenso eine Straße in Hamburg-Horn.

1 Einführung, Alvares, Schimmelmann, Godeffroy

2 Woermann, Blohm & Voss, Gaiser

3 Hansing, Jantzen & Thormälen, Laeisz, Meyer, Nölting, O'Swald

4 Sloman, OMEG, Reichardtwerke, Firmenfusionen, Quellen

August Bebels Reden

Carl Peters

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Das Gebäude der Niederlassung Hansing & Co.

auf Sansibar

Hans Dominik nach einer 'Strafexpedition' in

Siegerpose. Die besiegten Dörfer in Kamerun mussten

Abgaben leisten: Arbeitskräfte für Plantagen und Straßen-

bau sowie tonnenweise Elfenbein und Kautschuk

Kinderarbeit bei der Kaffeeernte

Bananenverladung in Kamerun

'Deutsche Kamerun Bananen' am Hamburger Freihafen

Raubbau an der Natur: Elfenbeinkarawane

Mit einem Straßennamen ehrt Hamburg-Ottensen den Kolonialkaufmann Emile Nölting, der von der Plantagenwirtschaft mit Versklavten profitierte.

William O'Swald in seiner Faktorei in Lagos

Das Gebäude des Handelshauses O'Swald

auf Sansibar (Photo: Jokinen)

Kautschukbäume ritzen für Autoreifen

und Gummikämme