Palmöl-Performance mit Bruna, Cedric, Mehmet, Moritz
vor dem Eingang des Verwaltungsgebäudes Thörl’s Vereinigte Harburger Oelfabrik Aktiengesellschaft (heute TU Harburg), Schlossstraße 20
 
Dramaturgie:
 
Moritz (Plakat 'Palmöl'): "Unser Thema ist Palmöl."
Auftritt Mehmet mit Plakat "in den 1840ern"
 
Wir alle bilden ein Viereck und rufen laut die Namen: "G.L. Gaiser, Friedrich Thörl, Heins & Asbeck, Escherich & Co., C.F. Meyer, Noblée, Witt & Büsch, Hamburg-Afrika-Gesellschaft."
Mehmet zeigt auf Cedric, der mit Flaggenfarben und Schnurrbart geschminkt ist und ruft:
"G.L. Gaiser!"
 
Mehmet zeigt eine Kokosnuss und eine Ölflasche und tut so, als würde er Öl ausgießen.
Moritz gibt Cedric Goldmünzen in die Hand.
Cedric hebt jubelnd die Arme: "Ich bin reich!!!" Alle zeigen auf das Thörl-Gebäude.
 
Cedric: "Die direkte Verarbeitung von Palmherzen hier in Harburg führte zum Zusammenbruch der afrikanischen Produktion. Die Afrikanerinnen und Afrikaner wurden zu bloßen Lieferanten billiger Rohstoffe herabgesetzt und disqualifiziert."
 
Moritz zeigt seine schwarz geschminkten Handflächen. Beim Ruf "Zusammenbruch!" brechen er mit der Kokosnuss in der Hand sowie Bruna in sich zusammen und liegen auf dem Asphalt.
 
Cedric wirft Mehmet die Kokosnuss zu, er fängt sie. Mehmet steht auf und zeigt die Kokosnuss herum.
 
Auftritt Mehmet mit Plakat '2014'
Mehmet zeigt eine Nivea-Dose und cremt Moritz' Wange ein. Cedric bekommt eine Goldmünze.
Mehmet zeigt ein KitkKat und beißt hinein. In Cedrics Hand geht eine weitere Goldmünze.
Moritz zeigt ein Glas Nutella und kostet: "Hmmmm!". An Cedric geht wieder eine Goldmünze.
 
Bruna und Cedric gehen mit den weißen Plakaten nach vorne, Mehmet und Moritz stehen mit den schwarzen Plakaten hinten, dann Wechsel, dann noch mal quer wechseln.
 
Am Schluss stehen alle Vier nebeneinander und halten die Plakate auf Brusthöhe, dahinter wird das Plakat 'Palmöl' hochgehalten.

 

Palmöl
 
Thörl’s Vereinigte Harburger
Oelfabrik Aktiengesellschaft
(Palm- und Kokosöl, Fette)
 
"... prägnant sind die Palmölspuren zum außergewöhnlichen Industrieaufschwung. Am Lauenbrucher Deich, direkt an der Süderelbe, finden sich noch Gebäudeteile der 1859 von der Firma G.L. Gaiser & Co. eröffneten Palmkern- und Kokosölfabrik, die Harburgs bedeutende Palmölindustrie begründete. Bereits seit Ende der 1840er Jahre betrieb der Kaufmann Gottlieb Leonhard Gaiser einen bald expandierenden Handel mit Palmöl aus Westafrika. Seine Firma unterhielt schließlich 30 Faktoreien an der westafrikanischen Küste und 15 tiefer im Inland. Dabei stützte sich G.L. Gaiser auch vielfach auf britische und französische Kolonialstrukturen, brachte 1885 zwischenzeitlich selbst einen Küstenstreifen in der Bucht von Benin in Firmenbesitz (gegen 5 Stücke Seide, 100 Kisten Genever, 5 Fässer Rum und diverse 'Geschenke' wie 1 Spieluhr, Gesamtwert 355 Pfund Sterling), und die Firma forcierte und nutzte zugleich die deutsche Kolonialherrschaft ­ so in Kamerun, mit eigener 'Plantation'. ... 'Wo die ... Bevölkerung wie die Epe Widerstand gegen ... das Vordringen der Gaiser-Faktoreien leistete, wurde mit Kanonendonner die Drohkulisse der Macht vorgeführt, um den geforderten Respekt einzuflößen (Gaiser-Generalagent Eugen Fischer) Bei Drohungen blieb es nicht. ... Fischer notierte dazu: '1892 galt es gegen einen Stamm zu kämpfen und die Ordnung herzustellen, ferner gegen Benin, wo ein König den Handel der Weißen schädigte, aber beide Angelegenheiten wurden bald erledigt.'"
Gordon Uhlmann: Palmöl, Kopra, Kautschuk:
Koloniale Spuren in Harburg
 
1904/05 kam es wieder zu zahlreichen Aufständen in der Bevölkerung, bei denen auch die Faktoreien der Hamburg-Afrika-Gesellschaft in Flammen aufgingen. Zwei Jahre brauchte die deutsche 'Schutztruppe', um die Aufstände niederzuschlagen.
 
"Wegen der von Gaiser in seinem Betrieb an der Süderelbe erzielten hohen Gewinne folgten in Harburg bald weitere seinem Beispiel, so Friedrich Thörl, der ein industrielles Palmölimperium aufbaute, dessen Umfang noch heute etliche Fabrikgebäude, Silos und Lagerhäuser zwischen Schlossstraße, Schlossinsel und Seehafen dokumentieren, darunter der 1878 gebaute, zunächst als Salpeterfabrik genutzte, mehrfach erweiterte 'Palmspeicher'. Auch am Schellerdamm, der ehemaligen Bahnhofstraße, reihten sich Palmöl verarbeitende Betriebe wie ab 1863 Heins & Asbeck sowie Standorte von Kaufleuten, Spediteuren und Schiffsmaklern, die im Frachtgeschäft für die Palmkern- und Kokosölfabriken engagiert waren.
 
Kautschuk, Kopra und Palmfett prägten auch die anderen Industriezweige Harburgs stark. So wurden hier viele Spezialmaschinen, Pressen und Walzen für die Palmöl- und Gummiindustrie hergestellt. Im Harburger Hafenbezirk finden sich noch heute Betriebe mit dieser Ausrichtung. Die auf der Schlossinsel eingerichtete Werft baute kleine, zerlegbare Spezialschiffe für die Palmöl und Kautschuk einsammelnden Handelsstützpunkte an tropischen Küsten und zur Überladung auf große Frachtschiffe. Der verbliebene westliche Schlossflügel wurde um 1900 kurzerhand zur Mietskaserne für die Werftarbeiter umgebaut. Unweit davon entstand ein weiterer Palmölbetrieb Thörls als 'Fabrik Citadelle'".
Gordon Uhlmann: a.a.O.
 
In Harburg ehren viele Straßen die Kaufleute und ihre Familien, die von der Arbeit der Kolonisierten auf den Palm- und Kokosöplantagen in Afrika und Lateinamerika profitierten: Asbeckstraße (1950), Gaiserstraße (1950), Mergellstraße (1950), Meyerstraße (1890), Nobleestraße (1950), Thörlstraße (1890), Thörlweg (1941), Traunstieg (1942), Traunweg (1942).