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Autor: Mario Mettbach
Datum:
Ich bin heute auf dieses Forum aufmerksam geworden, weil ich mich an anderer Stelle mit dem Tanzania-Park beschäftigt habe.
Es stößt bei mir auf absolutes Unverständnis, dieses Denkmal nach so vielen jahren wieder in den öffentlichen Raum zu bringen. Und damit kein Mißverständnis aufkommt: Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Denkmälern, auch keine, die uns an gefallene Soldaten erinnern sollen. Denn wir dürfen unsere Vergangenheit nicht verleugnen, wir müssen aus den Fehlern lernen.
Aber dem aufmerksamen Beobachter wird sicher nicht entgehen, das der deutsche Soldat ganz oben auf dem Sockel steht, während der adrikanische Soldat (Askari!?) auf dem Boden steht und zu dem deutschen Soldaten aufschaut, mit einer gesenkten Fahne auf dem Löwen. Was schließt man daraus?
1. Der afrikanische Soldat nicht gleichberechtigt, er ist im Ranbg weit unter dem
Deutschen. Weckt das nicht Erinnerungen, für die man sich schämen muss?
2. Die gesenkte Flagge am Fuße des Sockels ist das Zeichen der Niederlage. Denn
jedes aufrechte und freie Volk legt sein Landessymbol nicht freiwillig in den
Dreck...schon gar nicht ein Soldat.
Dieses Denkmal zeigt ausschließlich Demütigung der deutschen Kolonien in Afrika und Verherrlichung der "Herrschenden". Ich glaube daher nicht, das dieses Denkmal geeignet ist, wieder in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt zu werden. Und es hat auch mit Kunst nichts zu tun. Es unterscheidet sich auch in o.a. Punkten wesentlich vom Askari-Relief im Tanzania-Park in Hamburg Jenfeld.
Das Wissmann-Denkmal sollte irgendwo eingelagert oder auch vernichtet werden. Es taugt nicht zur Darstellung. Und es wird die Deutschen von heute in ein Licht rücken, welches wir nicht verdient haben.
gez. Mario Mettbach
Senator a.D.
Mit-Initiator des Tanzania-Parkes
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Autor: Arne Schöfert
Datum:
Sehr geehrter Herr Mettbach,
schönen Dank für Ihren sachlichen Beitrag.
Darf ich zu einem Punkt etwas anmerken, wo Sie anscheinend das Denkmal falsch verstehen:
> Aber dem aufmerksamen Beobachter wird sicher nicht entgehen,
> das der deutsche Soldat ganz oben auf dem Sockel steht, während
> der adrikanische Soldat (Askari!?) auf dem Boden steht und zu
> dem deutschen Soldaten aufschaut, mit einer gesenkten Fahne auf
> dem Löwen. Was schließt man daraus?
>
> 1. Der afrikanische Soldat nicht gleichberechtigt, er ist im
> Rang weit unter dem Deutschen. Weckt das nicht Erinnerungen,
> für die man sich schämen muss?
Sie unterstellen dem Künstler eine rassistische Intention: die Darstellung der Überlegenheit der weißen Rasse. Dies hat der Künstler aber nicht so gemeint. Der (deutsche) Askari ist tatsächlich - im militärischen Rang(!) niedriger als sein Kommandeur. Eine bessere Darstellung wäre sicher gewesen, die "Waffenbrüder" auf einer Stufe abzubilden. Da gebe ich Ihnen recht. Ich denke, man muß die Darstellung aber aus zeitgenössischer Sicht sehen. Ein Mannschaftsdienstgrad ist so gut wie nichts gegenüber einem hohen Offizier gewesen.
> 2. Die gesenkte Flagge am Fuße des Sockels ist das Zeichen der
> Niederlage. Denn jedes aufrechte und freie Volk legt sein Landessymbol
> nicht freiwillig in den Dreck...schon gar nicht ein Soldat.
Soweit ich weiß (und hier bereits geschrieben wurde) ist es die deutsche Fahne, die dort ehrend vor Wissmann gesenkt wird. Insofern passt Ihre Interpretation nicht. Der Askari symbolisiert keinen besiegten Gegner, sondern die ehrenden Mannschaften.
In dem Zusammenhang finde ich es schade, daß auf dieser Seite unter dem Menüpunkt "Denkmal" keine Interpretation des Denkmals kommt. Also wie man die dargestellte Symbolik zu verstehen hat.
Mit freundlichem Gruß
Arne Schöfert
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Autor: Arne Schöfert
Datum:
Als Nachtrag zu meinem vorherigen Posting:
Ich halte es für angebracht hier mal grundsätzlich etwas zur Interpretation des Denmals anzuführen, da viele das Denkmal falsch verstehen. Wohl auch wegen einer irrtümlichen Darstellung der Symbolik im Buch von Dr. Joachim Zeller.
Ich zitiere hier Dr. Michael Weißkopf aus seiner Arbeit "Studien zur kolonialen Denkmalforschung - Anmerkungen zu Joachim Zellers `Kolonialdenkmäler und Geschichtsbewußtsein - Eine Untersuchung der kolonialdeutschen Erinnerungskultur"
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Vom Wissmanndenkmal in Dar-es-Salaam wurden keine untergeordneten Figuren entfernt (Zeller Nr. 142, vgl. auch Nr. 50), wir müssen allerdings zweierlei beachten: Den an Wissmanns Gestalt aufwärts schauenden Askari auf dem Sockel und den toten Löwen, der, mit über die Kante des Sockels hängenden Pfoten am Boden des Denkmals liegend, von der Fahne des Askari eingehüllt wird. Zellers Interpretation („Wissmann erscheint hier aber nicht nur als ´Herrenmensch´ über den ihm ergebenen Afrikaner und als Herrscher über das eroberte Land, sondern auch als Bezwinger der Natur. Denn offensichtlich ist der getötete König der Tiere sein Werk und seine Beute. So tritt Wissmann hier – in Anspielung auf Herkules mit dem getöteten Löwen gleichsam als ´kolonialer Herkules´, mit übermenschlichen Kräften versehen auf.“) (Zeller, S. 123f.) muß ich ablehnen. Vielmehr glaube ich, daß auch der Löwe selbst Wissmann symbolisiert – denn darum hüllt der Askari den Löwen mit einer Fahne ein (wie etwa auch der Sarg eines Soldaten mit einer Flagge bedeckt wird), und darum blickt der Askari an Wissmanns Gestalt empor – als Erinnerung an den toten Herrmann v. Wissmann. Das Monument feiert Wissmann nicht nur in einer mutigen Pose, sondern auch so wie sich seine Kameraden und Zeitgenossen und auch die Nachwelt an ihn erinnerten: Als der "Löwe von
Deutsch-Ostafrika".
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Autor: Seele sucht Seele°
Datum:
(...)
und darum blickt der Askari an Wissmanns Gestalt empor – als Erinnerung an den toten Herrmann v. Wissmann. (...)
ach wie süß= ist das hier eine historische sich selbst schönredende Schleimbeutelansammlung? Und man zwinkert sich mit pseudopreußisch verkappter Häme vor dem Hintergrund dieser "Heldentaten" zu?: Denen haben wir es aber jetzt rhetorisch gegeben? Heuchler!
Dann sollte der Löwe doch besser gleich als ein getarnter Adler oder besser Geier definiert werden..
Weil der Auftrags-Künstler kritiklos und oportun dem menschenverachtenden Herrenmenschenprinzip Vorschub leistete und ein biblischer Mythos zur Unterdrückung und Ausbeutung sinnbildlich mißbraucht wurde!
Dabei symbolisch verschleierte das es nicht nur um die Bezwingung der "Wildnis" ging sondern auch um die Unterwerfung und "Kultuvierung" der sogenannten "schwarzen Wilden"... Als was sie noch evolutionär-begrifflich diffamiert wurden muß hier nicht benannt werden, das ist den kreidefressenden Geschichtszerklidderern hier auch bekannt---
Der Löwe war eigentlich ein Karabiner (als Metapherntier eher eine Hyäne)- feige aus diskreter Distanz und auf Befehl auf "Neger" abgefeuert!!!
Die Askari-Soldaten dienten als SperrSchutzgürtel und Frontfutter- damit es den weißen Mann nicht traf...
Die kulturellen ÜberReste kamen in die Aservatenkiste als Einsprengsel für die heimische Folkore. Diese Reliquien werden bis heute ehrfürchtig weitergereicht... Nicht aus Respekt vor einer anderen Kultur und deren Familien oder Clans sondern mit einem EhrenCodex der der "militärischen Leistung" und militärischen Rangordnung Ehre zollt. Trophäen aus "unserem ehemaligen Deutsch-Ost-Afrika".
Aber Vorsicht!: "Die Wilden kommen des Nachts im Traum zum weißen Mann und und suchen ihn Heim -fordern die Seelen ihrer Ahnen zurück... Oh Oh
In jedem afrikanischem Fetisch eine Seele :: pssssst pssst sie löst sich heraus und kommt des Nachts auch zu Dir ab jetzt immer öfter -immer näher... die vielen sprechenden Masken oh o Alptraum schreien Dir ins Ohr immer eindringlicher...
Hinter jedem toten Löwen toten Elefanten auch tausende tot-geweißte Afrikaner mit Schlangen in den Händen oh o sie werden kommen von überall her -sie werden kommen...
Da hilft Dir kein Waffenschrank oder Safarilook...
"Die Wilden kommen des Nachts im Traum zum "weißen Mann" und fordern die Seelen ihrer Ahnen zurück... Oh Oh... Da führt manch stolpern über Leos Fell zum Knall in der Geschichte...
Sehen Sie sich doch mal im Hause um. Geben Sie es zu... seien Sie mal ehrlich:
Trophäen und Waffen bitte hier Auflisten:
1.) Karabiner
2.) Säbel
3.) Elfenbein (Stoßzähne usw.)
4.) Löwenzähne, Löwenfell
5.) Afrikanischer Schmuck, Speere, Pfeil u. Bogen, Bumerangs etc.
6.) ?????
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Autor: Arne Schöfert
Datum:
Liebe "Seele sucht Seele",
eigentlich möchte ich auf anonyme Beiträge nie antworten, aber der mystische Einschlag ihres Beitrages legt die Möglichkeit nahe, daß es sich um einen Indianer- oder Künstlernamen handelt und deshalb will ich nicht unhöflich sein und den Beitrag nicht ungewürdigt lassen.
Die ganze Botschaft ihres prosaischen Elaborates hat sich mir vielleicht nicht ganz erschlossen (ich war in Literaturbesprechung nie besonders gut in der Schule), aber ich versuche mal zusammen zu fassen. Verbessern mich mich ruhig, falls notwendig.
1) Sie verurteilen die europäische Kolonisation als ganzes in "Bausch und Bogen". Egal ob Siedler, Kaufleute, Missionare, Soldaten etc. .Jemanden, der sich bemüht das differenzierter zu betrachten, halten sie für moralisch verdorben.
2) Sie mögen keine Sammler von Ethnografica, Militaria und Jagdtrophäen, warnen diese Leute aber vor einem eventuellen Voodoo-Fluch, der in Antiquitäten steckt.
3) Sie halten das Wissmann-Denkmal für kitschige Auftragskunst, die weggeschlossen gehört.
Da ich weder Zeit noch Lust habe mit ihnen über Punkt 1 und 2 zu diskutieren und das vermutlich auch wenig produktiv wäre, lasse ich das sein. Außerdem gehört es nicht in den Diskussionsfaden zur Symbolik, also der Aussage des Denkmals.
Auftragskunst war über Jahrhunderte leider der der einzige Weg für Künstler zum Broterwerb. Dieser Entstehungsgrund muß deswegen nicht zwangsläufig dazu führen, daß solche Kunstwerke zu verdammen sind. Da stimmen sie mir sicher zu, denn dann wären so gut wie alle Kunstobjekte in unseren Museen betroffen. Von Antikenstatuen, Gemälden bis zur Decke der sixtinischen Kapelle und so weiter.
Wenn sie die Ausführung für kitschig halten, steht ihnen das frei. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Ich für meine Person bin tolerant genug um jedermann seinen Geschmack zu lassen. Man sollte nicht missionarisch versuchen andere Leute von seinem Kunstverständnis zu überzeugen.
Schönen Gruß und ich hoffe, daß in alten Büchern keine Geister stecken, die mich mal um meinen Schlaf bringen ;-)
Arne
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Autor: Rrose
Datum:
Arne Schöfert schrieb:
> Auftragskunst war über Jahrhunderte leider der der einzige Weg
> für Künstler zum Broterwerb. Dieser Entstehungsgrund muß
> deswegen nicht zwangsläufig dazu führen, daß solche Kunstwerke
> zu verdammen sind.
In der Tat: nicht zwangsläufig. Aber Auftragskunst bedeutete auch, Macht zu demonstrieren, denken Sie nur an Bildnisse von Königsfamilien, Napoleon etc.
> Da stimmen sie mir sicher zu, denn dann
> wären so gut wie alle Kunstobjekte in unseren Museen betroffen.
> Von Antikenstatuen, Gemälden bis zur Decke der sixtinischen
> Kapelle und so weiter.
Die sixtinische Kapelle ist hier kein gutes Beispiel, denn es handelt sich ja um religiöse Kunst. Diese zementierte zwar auch gelegentlich einen Machtanspruch ("König von Gottes Gnaden"), aber eben nicht immer. Die Antikenstatuen haben nicht nur Herrscher abgebildet, sondern auch Sportler, Frauen u.a.
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> Wenn sie die Ausführung für kitschig halten, steht ihnen das
> frei. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Ich für
> meine Person bin tolerant genug um jedermann seinen Geschmack
> zu lassen. Man sollte nicht missionarisch versuchen andere
> Leute von seinem Kunstverständnis zu überzeugen.
Kunst ist nicht Geschmack. Kunst ist Geschichte, die von Kunsthistorikern, Kunsttheoretikern und Kunstvermittlern geschrieben wird. Kunst hat einen Kanon.
Kitsch ist, wenn es pathetisch wird, und das Wissmann-Denkmal ist zweifelsohne pathetisch.
Künstler haben sich über Jahrhunderte in den Dienst von Machthabern begeben und haben deren Macht verherrlichend in Bildern umgesetzt. Machtstrategien sind etwa Proportionenverschiebungen, um die zentrale Figur größer und wichtiger erscheinen lässt oder die Wahl, Gestaltung und Kontext der Umgebung, in der das heldenhafte Denkmal stehen soll. Nur gut, dass Künstler heute freier arbeiten können.
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Autor: Uwe Niederdräing
Datum:
"In der Tat: nicht zwangsläufig. Aber Auftragskunst bedeutete auch, Macht zu demonstrieren, denken Sie nur an Bildnisse von Königsfamilien, Napoleon etc. "
Ist dann Macht etwas verwerfliches?
"Die sixtinische Kapelle ist hier kein gutes Beispiel, denn es handelt sich ja um religiöse Kunst. Diese zementierte zwar auch gelegentlich einen Machtanspruch ("König von Gottes Gnaden"), aber eben nicht immer. "
Die sixtinische Kapelle steht im Vatikan. Der gesamte Vatikan ist aber ein gewaltiges Symbol der päpstlichen Macht. Die Kapelle diente auch immer als besonderer Repräsentationsgegenstand des Papstes, z.B. bei Besuchen ausländischer Gäste.
Kunst ist nicht Geschmack. Kunst ist Geschichte, die von Kunsthistorikern, Kunsttheoretikern und Kunstvermittlern geschrieben wird.
Kunsthistoriker schreiben Kunstgeschichte, Künstler erschaffen Kunst. Kunst wird nur durch künstlerisches Schaffen kriert. Blanke Kompilation und positivistische Sammelei, Kategorisierungen etc. können das Phänomen Kunst nicht einfangen.
Die Ignoranz, mit der sich die Kunsttheoretiker das Verdiensst anderer Leute auf die Fahnen schreiben, ist wie ein laues Lüftchen, der in der sixtinischen Kapelle weht.
Kunst hat einen Kanon.
Na, warum hat es denn der Herr Reich-Ranicki so schwer, ihn auszuloten?
Kitsch ist, wenn es pathetisch wird, und das Wissmann-Denkmal ist zweifelsohne pathetisch.
Pathos ist nicht gleich Kitsch. (sonst gäb es keine zwei Begriffe dafür ;) )
Nur gut, dass Künstler heute freier arbeiten können.
"...Oh glücklich, wer noch hoffen kann, aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen..."
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