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 Der Umgang mit der Kolonialzeit
Autor: Hans 
Datum:   

Großbritannien

Der Gedanke, dass sich die britische Regierung für Missgriffe und Ungerechtigkeiten aus der Zeit des Empire offiziell entschuldigen könnte, ist abwegig, und zwar aus vier Gründen. Erstens sieht die Insel traditionell keinen Anlass, irgend welche Teile der eigenen Geschichte im Nachhinein durch Infragestellen zu entwerten. Wenn es doch geschieht, wie etwa im Falle des Burenkrieges (1899-1901) oder einzelner Vorfälle auf dem indischen Subkontinent, dann verläuft die Debatte in akademischen Zirkeln, ohne je die Ebene regierungsamtlicher Stellungnahme zu erreichen. Zweitens halten die Briten die Art, wie sie sich ihres Kolonialerbes entledigt haben, für im Ganzen verantwortlicher als das, was etwa Portugal, Belgien oder Frankreich zuwege brachten. Dazu gehört, dass sie in vielen Ländern des Empire tiefe zivilisatorische Spuren hinterlassen haben, so in Indien ein bis heute gültiges Rechtssystem, oder bestimmte Sportarten wie Cricket. Drittens wird britisches Militär weiterhin als Friedensbringer herbeigerufen, wenn in einst zum Empire gehörenden Staaten - siehe zuletzt Sierra Leone - Bürgerkriege anders nicht einzudämmen sind. Nimmt man viertens hinzu, wie viele Tausende von Einwanderern das Mutterland aus Ländern des alten Kolonialreiches - nicht zuletzt aus Afrika - bei sich aufgenommen hat, so wird man verstehen, dass die Briten überzeugt sind, sich ihrer Kolonialgeschichte per saldo durchaus nicht schämen oder sich für diese entschuldigen zu müssen.

Frankreich

An seinem kolonialen Erbe hat Frankreich bis heute schwer zu tragen. Aufgearbeitet wurde es nicht. Worte der Entschuldigung für geschehenes Unrecht gehen französischen Politikern bis heute schwer über die Lippen. Als vor einigen Monaten französische Militärs zugaben, dass im Algerienkrieg systematisch gefoltert worden ist, löste dies in Frankreich Schockwellen aus, obwohl diese Tatsache den Historikern seit langem bekannt war. In den Schulbüchern sucht man solche Verbrechen vergebens. Erziehungsminister Jack Lang will dies nun ändern. Bis vor kurzem war selbst der Terminus "Algerienkrieg" tabu. Auch über ihre Kolonialgeschichte in Schwarzafrika decken die Franzosen gern den Mantel des Schweigens. Mit einer Reihe von Staaten bestehen bis heute semikoloniale Verhältnisse, die durch geheime Militärabkommen und enge wirtschaftliche Verflechtungen aufrechterhalten werden. Doch mehr und mehr verabschiedet sich Frankreich auch aus dieser Region.

Spanien

Spanien hat sich für seine koloniale Vergangenheit und die Vorgehensweisen seiner Eroberer nie offiziell entschuldigt. So sagte Arbeitsminister Juan Carlos Aparicio bei der Anti-Rassismus-Konferenz in Durban zwar, er bedauere "die Ungerechtigkeiten und Leiden der Vergangenheit". Ein Schuldeingeständnis blieb aber auch diesmal aus. Die Verantwortung des modernen Staates für die Verbrechen der Konquistadoren an der amerikanischen Urbevölkerung war in Spanien nie Diskussionsthema. Indessen sehen Madrid und die spanische Wirtschaft Lateinamerika heute als politische und wirtschaftliche Einflusssphäre. In der ehemaligen Kolonie Westsahara auf afrikanischem Boden hat Spanien ein eher positives Image: Die Widerstandsarmee Polisario gegen die marokkanische Besatzung des 1975 von Spanien geräumten Gebietes sieht in Madrid einen Anwalt für die eigene Unabhängigkeit.

Italien

Der Kolonialismus in Afrika war in Italien jahrzehntelang kein Thema. Das lag auch daran, dass der von italienischen Truppen am brutalsten behandelte Staat, Libyen, jahrzehntelang international geächtet war. Die häufig wiederholten Forderungen Muammar el Gaddafis einer Wiedergutmachung aus Italien, fanden international kein Gehör. Erst seit wenigen Jahren beginnt die italienische Politik die Vergangenheit aufzuarbeiten. Ex-Premier Romano Prodi zeigte erstmals Verständnis für Gaddafis Forderung nach einer Entschuldigung Italiens, vor allem wegen der Giftgasangriffe und Bombardierungen in Libyen. Im November 1997 erinnerte Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro in Addis Abeba an die brutale Eroberung Äthiopiens durch italienische Truppen, entschuldigte sich aber nicht, denn das könnten nur die Täter selber tun, die seit langem tot seien.

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